Ich, Dat Ole Huus, erzähle meine Geschichte (5)

aus „Unser Stelle“ 7/2005

Das Geheimnis der schwarzen Tulpen

Jeder Besucher, der sich im Flett den Dingen ansieht, wundert sich über die beiden schwarzen Tulpen in der Ofentür. Nun, ich will die
kleine Geschichte dazu erzählen.
Irgendwann wohnte in Ashausen ein junger Tischler. Alle mochten ihn wegen seines freundlichen Wesens und seines Fleißes. Oft kam ein hübsches Mädchen aus dem Olen Huus an seiner Werkstatt vorbei, wiegte mit den Hüften und trällerte ein Lied. Unserem Tischler hüpfte jedes Mal das Herz, aber anstatt sie anzusprechen errötete er nur, lächelte ein bisschen und senkte den Kopf. Aber die Arbeit ging ihm danach schneller von der Hand. Auch das Mädchen hatte bald
gemerkt, wie es um den jungen Mann stand, und merkwürdig, das gefiel ihr. Doch da er sie nie ansprach, wurde sie allmählich immer trauriger. Ihre Eltern bemerkten den Wandel im Verhalten der Tochter und fanden bald die Ursache heraus. Wie konnte man da nur helfen?
Es war ein Wink des Himmels, dass gerade eine neue Tür für den Dingen fällig wurde. Mein Bauer lud den Tischler ein, Maß zu nehmen und gab ihm den Auftrag. Wie jubilierte der junge Mann! Konnte er doch so in das Haus seiner Angebeteten kommen und sie sehen! Man hat wohl nie einen Tischler schneller und mit so viel Spaß an die Arbeit gehen sehen. Das beste Holz musste es sein, ein besonders gutes Blech für die Innenseite. Und dann noch etwas Besonderes:Schwarze Tulpen
In die Tür schnitzte er zwei Tulpen, die ihre Köpfe einander zuneigen. Selten ist wohl etwas mit mehr Liebe und Symbolik geschnitzt worden, als diese Blumen. Gespannt setzte er die Tür im Olen Huus ein. Da kam ein „Ah“ und „Oh“ aus allerMunde. Doch einer schlug das Herz höher als allen anderen, denn nur sie wusste sofort, was die Tulpen bedeuteten. Sie nahm all ihren Mut zusammen, streichelte einmal darüber, drehte sich um und küsste „ihren“ Tischler. Und das sicher nicht nur wegen seiner guten Arbeit!

So oder ähnlich ist die Geschichte damals abgelaufen. Der Brautstrauß bestand – wie könnte es anders sein – aus vielen roten und gelben Tulpen, daran erinnere ich mich noch genau. Und seit
dieser Zeit – sagt man – gehe von den beiden Tulpen in der Tür des Dingen eine magische Kraft aus. Sie öffnen den Menschen, die sie
anschauen, die Herzen und würden ihnen den Mut geben, sich zu lieben.

zu Teil 6