Ich, Dat Ole Huus, erzähle meine Geschichte (3)

aus „Unser Stelle“ 5/2005

2-Ständerhaus oder 4-Ständerhaus?

Neulich kam eine wissenschaftlich aussehende Person durch die Grotdör – ihr wisst, das ist das große Tor für Erntewagen an der Giebelseite – stellte sich in die Deele und zählte meine „Beine“. „Aha,
ein 4-Ständehaus“, sagte die Person fachmännisch. Wenn ich hätte lachen können, hätte ich es getan, dass die Wände wackeln. Aber erstens schickt es sich nicht für so einen alten Kasten, und zweitens fehlt mir ja die Westwand. Deshalb hier die Antwort, zu der auch die „Ashäuser Baufibel“ noch einiges sagt.

Zeichnung 2-Ständerhaus (Teil 3)Der erste Blick eines richtigen Fachmannes gilt einem Paar Dachsparren. Es liegt rechts und links auf den Querbalken der Erdgeschossdecke auf. Nun sucht man sich so einen Querbalken aus und zählt die Ständer, die ihn tragen. Sind es vier, dann ist es ein 4-Ständerhaus. Solche Häuser wurden erst ab dem 18. Jahrhundert gebaut und zwar von Leuten, die außer Holz auch noch „Kohle“ hatten. Meinen Erbauern fehlte die „Kohle“, weshalb ich als 2-Ständerhaus geboren wurde. Die allerdings haben eine lange Tradition, die bis ins Mittelalter (vor 1500) zurück reicht und schlecht gebaut bin ich deshalb auch nicht. Denkt an euch Menschen. Ihr steht auch nur auf zwei „Ständern“, fallt deshalb auch nicht gleich um und unterscheidet euch u.a. so von den meisten Tieren. Mein Dach ist aber weit heruntergezogen und ragt über diese Ständer hinaus bis zu den Außenmauern. Sie tragen das Dach nicht, sondern sie schließen nur den Innenraum des Hauses ab. Dadurch entstand der Zwischenraum bis zu den Ständern, wo man das Vieh unterbrachte (bei dem auch die Menschen in kalten Wintern manchmal geschlafen haben). Die Viehboxen erkennt man auch als Laie sehr deutlich. Leider hatten die Schweine, Kühe und Pferde die Angewohnheit, sich an meinen „Beinen“ zu scheuern und an ihnen zu knabbern. die Bissstellen sind noch gut zu sehen. Zum Glück bin ich von Natur aus nicht sehr kitzelig!

zu Teil 4